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Beitrag veröffentlicht im November 2024

Warum das Private politisch ist – Häusliche Gewalt geht uns alle an

Katja Kulisch, die Kommunale Gleichstellungsbeauftragte in Coswig und Radebeul, lädt zu „Bankgesprächen“ am 25.11.2024 um 11 Uhr auf der orangenen Bank vorm Bahnhof in Coswig und am 27.11.2024 um 11 Uhr auf der orangenen Bank auf dem Anger in Altkötzschenbroda ein.

Kommen Sie vorbei und bringen Sie sich zu dem Thema ein!

Am 25.11. findet der alljährliche Aktionstag zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen statt. Leider ist es immer noch sehr wichtig, und in diesem Jahr besonders, auf diesen Tag aufmerksam zu machen. Denn die Zahlen steigen immer noch an, statt notwendigerweise zurückzugehen.

Laut statistischer Auswertung des Bundeskriminalamtes zu Partnerschaftsgewalt in Deutschland waren im Jahr 2023 132.966 Frauen und 34.899 Männer Opfer von Gewalt in einer Partnerschaft.

Die Anzahl der erfassten Opfer ist in den letzten fünf Jahren um 17,5 % angestiegen und erreicht 2023 einen neuen Höchststand. Zum Vergleich: 2019: 142.827; 2020: 149.091; 2021: 144.637; 2022: 157.818; 2023: 167.865.

Es wurden 155 Frauen durch ihren (Ex-)Partner 2023 getötet – das heißt beinahe jeden zweiten Tag!

Im Jahr davor, 2022, wurden 133 Frauen getötet.

Alle 4 Minuten erlebt eine Frau in Deutschland Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner.

331 Frauen wurden Opfer von versuchtem/vollendeten Mord oder Totschlag (2022: 312 Frauen).12.931 Frauen wurden schwer oder gefährlich körperlich verletzt. 4.622 Frauen erlebten sexualisierte Gewalt durch ihren (Ex-)Partner –alle zwei Stunden ist eine Frau betroffen!

Mehr als die Hälfte aller Fälle von Mord und Totschlag fanden in Ehen statt.

Bedrohung, Stalking, Nötigung (67,2 %) oder vollendete Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexuelle Übergriffe (46,1 %) vor allem in ehemaligen Partnerschaften.

Mit 79,2 % richten sich die Delikte gegen Frauen. In den Deliktsbereichen Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, bei der Freiheitsberaubung oder im Bereich Bedrohung, Stalking, Nötigung ist der prozentuale Anteil weiblicher Opfer von Partnerschafsgewalt besonders hoch. Bei Zuhälterei und Zwangsprostitution beträgt der Anteil weiblicher Opfer 100 %.

Diese Zahlen müssen erstmal verdaut werden. Hinter jeder Zahl verbirgt sich ein Fall, erst recht bei den 155 getöteten Frauen im letzten Jahr. Häufig wird die Verantwortung den jeweiligen Familien und Betroffenen gegeben. Es heißt dann, die Betroffenen hätten „Eheprobleme“ oder „private Konflikte“ miteinander gehabt. Oder der Mann habe vielleicht ein „Aggressionsproblem“ und „es gehören ja immer zwei dazu“. Genauso wird gefragt „Warum hat sie sich nicht schon eher von ihm getrennt?“, „Warum ist sie noch bei ihm geblieben?“ Es ist sehr schwer für Frauen, sich aus gewaltvollen Beziehungen zu trennen, vor allem wenn Kinder im Spiel sind. Denn nach einer Trennung geht der steinige Weg erst los: Er ist für manche schwerer zu ertragen ist, als zu bleiben. Sei es bei der Polizei und den Befragungen; im Jugendamt, wenn es um die Kinder geht; in der Schule der Kinder; im ehemaligen sozialen Umfeld beider; sei es auf Arbeit; sei es vor Gericht: Es hängen so viele Schritte an einer Trennung und es braucht unendlich viel Mut und Kraft von Betroffenen dafür – Kraft, die sie oft gar nicht mehr haben, nach den vielen jahrelangen Streitigkeiten, Konflikten und Gewalt.

Vielfach werden die Betroffenen allein gelassen. Häusliche Gewalt wird in eine private Ecke gestellt, wo sie nicht hingehört. Mit dieser Thematik sollten wir uns alle befassen. Wir als Gesellschaft sind gefordert, dieses auch strukturelle Problem, anzugehen.

Deshalb lade ich zu „Bankgesprächen“ am 25.11.2024 um 11 Uhr auf der orangenen Bank vorm Bahnhof in Coswig und am 27.11.2024 um 11 Uhr auf der orangenen Bank auf dem Anger in Altkötzschenbroda ein. Kommen Sie vorbei und bringen Sie sich zu dem Thema ein.

Außerdem wird die italienische Tragikkomödie „Morgen ist auch noch ein Tag“ gezeigt. Nähere Informationen erfahren Sie demnächst im Veranstaltungskalender der Stadt.

Vom 25. November bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, wehen die Flaggen von Terre des Femmes und dem Zonta Club Elbland vorm Rathaus.

Zudem wird die Post der Stadtverwaltung in diesem Zeitraum mit einem Stempel versehen, der auf diese Thematik aufmerksam macht.

Katja Kulisch, Kommunale Gleichstellungsbeauftragte